„Willst du arbeiten bis zum Tod? Kaufe dir ein altes Boot!“
Ahoi,
mein Name ist Johnny, ich bin vor kurzem 25 Jahre alt geworden und das hier ist mein Blog.
Ich komme aus Berlin und habe eines der schönsten Hobbys der Welt – Boote.
Vor circa 4 Jahren hat mich das Virus gepackt und seit dem komme ich nicht mehr los vom Wasser.
Der Blog soll mir helfen den Überblick zu behalten, meine nächsten Schritte zu planen und bereits Erreichtes nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Euch soll er amüsieren und helfen aus meinen Fehlern und Erfolgen zu lernen.
Der Zwischenboden. Wieder so eine Arbeit, die wir schon abgeschlossen hatten. Nun wollten wir aber auch diesen nochmal schick haben und haben uns dann gleich überlegt, den Zwischenboden etwas abzusenken. Immerhin ist jeder Zentimeter Stehhöhe im Boot Gold wert, besonders in der Dusche. Uns war klar, dass wir damit wieder jede Menge Dreck produzieren würden, dennoch ist unser Ziel, nach diesem Winter die wirklich dreckverursachenden Arbeiten abzuschließen.
Wir fingen damit an, unseren Zwischenboden zu entfernen. Auch die Schottwand musste dran glauben. Nach dem Rückbau des alten Zwischenbodens hatten wir einen komplett leeren Rumpf. Das Prinzip mit den beiden großen Luken haben wir beibehalten. Wir verschmälerten die Luken um knapp 20 Zentimeter, um mehr Spielraum in der Raumgestaltung zu haben.
Dann haben wir den tiefsten Punkt des Rumpfes als neue „0“ definiert. Wir wollen den Rumpf möglichst parallel zu Wasserlinie ausbalancieren und folglich den Zwischenboden parallel zum Rumpf einbauen. Gar nicht so leicht, wenn das Boot gerade komplett schräg im Wasser liegt. Eine Wasserwaage hilft auf dem Boot auch nicht weiter und so haben wir stundenlang nur gemessen und Markierungen angebracht. Ob wir wirklich richtig gemessen haben, werden wir erst dann wissen, wenn wir den Rumpf mit dem Ballast an die Wasserlinie angepasst haben.
Letztendlich konnte der Zwischenboden um gute elf Zentimeter abgesenkt werden. Das mag nach nicht viel klingen, hat aber einen ganz schönen Effekt. Der Boden ist noch ausreichend hoch um die Wassertanks unter der Konstruktion installieren zu können. Im geplanten Badezimmer haben wir den Boden um weitere acht Zentimeter abgesenkt, um später ein Gefälle schaffen zu können und genügend Platz für die geplante Fußbodenheizung zu haben.
Besonders schwierig war es, die heraus getrennte Schottwand wieder gerade einzuschweißen. Vielleicht wäre es hier einfacher gewesen, ebenfalls ein neues Blech zu verwenden. Wir sind aber zufrieden mit dem Ergebnis.
Relativ einfach und schnell gelang dagegen der Neubau der Unterkonstruktion der zukünftigen Eignerkabine. Eine Treppenstufe als Niedergang zur Eignerkabine ging auch zügig von der Hand.
Als Material haben wir Kastenprofile verwendet. Sie sind 6 Meter lang und haben die Maße 40x60x3mm.
Der nächste Schritt: Geduld haben und auf wärmeres Wetter warten. Der Primer und das EG1 von SIKA benötigen mindestens +5° C. Als es wärmer wurde, haben wir die neue Eignerkabine gestrichen. Hier wird als erstes der Ballast eingebracht, um den Bug weiter abzusenken. Anschließend kann dort der Boden verlegt werden und mit der Lackierung des restlichen Rumpfes begonnen werden.
Im letzten Beitrag schrieb ich noch etwas davon, dass wir endlich auf der Spur sind. So war es auch – für eine knappe Woche. Nachdem wir das Boot von Zehdenick in die Havelbaude überführt haben, fiel uns auf, dass wir ein kleines Leck im Rumpf haben. Wir konnten es nicht glauben. Nach all der Arbeit nun ein Leck. Nachdem wir die Enttäuschung erst mal haben sacken lassen, ging es an die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten. Dazu wurde wieder das Boote-Forum herangezogen. Dort gab es erst mal einen „Anschiss“. Wieso haben wir eigentlich das nicht Boot schallen lassen. Ja wieso eigentlich? Es gab einen Gutachter vor Ort, das Boot war aus dem Wasser, eigentlich ideale Voraussetzungen. Tja, so ist das, wenn man den Kopf woanders hat. Wir hatten ja auch vorher kein Leck, deswegen hätten wir uns das vielleicht auch gar nicht erst vorstellen können. Nun ja, was tun? Variante 1: In der guten alten Zeit wurde wohl oft einfach ein Holzpieker in das Leck gerammt, quellen lassen und dann Beton drauf. Variante 2: Boot raus und dann einen Flicken von außen drüber. Variante 3: Das Leck mit Mumpe zuschmieren, dann zurosten lassen und mit leben. Das waren so die Möglichkeiten die wir in Betracht zogen. Letztendlich kam es knüppeldick.
Nachdem wir in einer anderen Werft einen Gutachter zu Gast hatten und der nach knapp 5 Messungen meinte, das habe alles keinen Sinn, rutschte mir das Herz in die Hose. Alles umsonst? All die Arbeit, all die Zeit? Auf die Frage was man machen könne gab es nur eine Antwort: der Rumpf muss neu! Zum Aufdoppeln wäre nicht genügend Material vorhanden und gerade die Innenverbände könnten das nicht tragen. Mutig ließen wir uns erst mal ein Angebot geben um das dann direkt abzulehnen. Das war ’ne Nummer zu krass. Wir überlegten hin und her, strichen hier und da was am Angebot und handelten einen anderen Deal aus. Nach knapp einem Monat an Land und weiteren Besichtigungen wurde der Auftrag unterzeichnet und die wohl größte Baustelle am Treuen Gesellen in Angriff genommen.
Profis sind eben Profis und arbeiten dann doch etwas anderes als wir. Der für uns verantwortliche Mitarbeiter zeigte mir in seinem Büro die über das CAD-Programm Zeichnungen für den neuen Boden. Er erklärte mir wie die neue Kielkühlung berechnet wurde und was die Verwendung von zwei Kielschweinen für Vorteile habe. Für den Laien erst mal sehr theoretisch, aber macht eben Eindruck. Ich hatte ein mehr als gutes Gefühl. Ehrlichkeit ist hart, aber gut: so schimpfte er etwas mit mir, als er die Arbeiten der letzten Werft sah. So hätte er das niemals abgenommen. Völlig unprofessionell empfand er die Beratung der letzten Werft an mich.
Für mich war es an der Zeit mein Segelboot aus Finnland zu holen. Hier und da bekam ich ein paar Bilder vom Fortschritt am Boot. Und wie gedacht, war das alles sehr ordentlich. Zunächst wurden sehr starke Doppel-T-Träger an die Bordwand geschweißt, um das Boot aufbocken zu können ohne dass es sich verwindet.
Dann wurde der Brenner benutzt um den alten Boden herauszutrennen und die Spanten freizulegen.
In der Zwischenzeit wurde der neue Boden, mit innen liegender Kühlschlange, gefertigt. Dieser wurde dann an die bestehenden Spanten angeschweißt. Die nun noch offenen Rundungen des Unterwasserschiffs wurden anschließend mit der Bordwand verbunden.
Nach der Überführung, über die ich hier auf einer anderen Seite berichte, ging es dann an den Korrosionsschutz. Auch hier haben wir uns von der Werft beraten lassen und die Produkte von SIKA verarbeitet. Die Schweißnähte wurden alle mit Kreide eingepinselt und von Innen mit Diesel bestrichen. So sollten sich eventuelle undichte Stellen bemerkbar machen. Dies galt es zunächst zu bereinigen. Wir verarbeiteten zuerst einen Primer, dann einen Zwischenanstrich und final einen Endanstrich, alles in 2K. Danach kamen noch ein paar Schichten Antifouling der Marke Wilckens drauf.
Und dann das ganze von Innen. Dort haben wir zunächst nur den Primer aufgetragen, da wir nochmal Dreck machen werden.
Der Zwischenboden wird doch nochmal knapp 10 cm abgesenkt, um etwas mehr Stehhöhe zu gewinnen. Das Angebot der Werft für die Arbeit war uns zu teuer und wir haben mal wieder Lust aufs Schweißen.
Wir sind in einem Trockendock, eine hervorragende Möglichkeit das Boot zu lackieren. Also ran an den Exenterschleifer und noch „schnell“ den Gesellen lackieren. Schnell deshalb, weil bereits der Termin zum Wiederinswasserlassen steht. In einem Trockendock muss das immer mit allen im Dock liegenden Schiffen abgestimmt werden.
Wir wollten den ursprünglichen Farbton eigentlich beibehalten, aber die Farbpalette von Brantho Korrux 3in2 gab kein dunkleres grün her. Man hätte sich auch was anmischen können, aber wie bereits beschrieben, drückte etwas der Schuh. So machten wir uns an den Wochenenden von früh bis spät auf den Weg nach Zehdenick und auch unter der Woche arbeiteten mein Vater und ich an der Vorbereitung zum Lackieren – nach der Arbeit – oft bis spät in die Nacht. Es kam der große Tag, die ersten Farbe kam auf den Gesellen. Zugegeben, es ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber mit der Zeit fanden wir es echt gut. Toni schreibt: Dein Treuer Gesell und Helfer. Es hat tatsächlich was von den Polizeifarbtönen.
Im Innenraum haben wir zunächst die alte Farbe und den losen Rost von den Innenwänden mit der Flex abgeschliffen. Das war bis dato die unangenehmste Arbeit am Boot. Man bekam keine Luft, schwitzte und man kam nur mühsam voran. Doch Dank der Hilfe von Claras Bruder war auch diese Arbeit irgendwann beendet.
Anschließend haben wir lackiert. Im Innenraum allerdings mit der Pistole. Dadurch, dass auch andere Boote im Dock lagen, durfte kein Sprühnebel den Innenraum verlassen. Das hatte zur Folge, dass es drinnen kaum möglich war zu atmen – eine qualvolle Arbeit. Sie machte keinen Spaß, hatte aber einen Effekt. So langsam war das Boot nicht mehr so schäbig. Man bekam keine Dreckfoten, wenn man die Bordwand anfasste und der Dieselmief ließ deutlich nach. Wir waren wieder auf der Spur – dachten wir.
Das Antifouling wurde dann von der Werft erneuert. Dazu wurde der Dreck, die Algen und die Muscheln entfernt. Dann alles angeschliffen. Anschließend ein Haftvermittler gespritzt und zu guter Letzt 3 Schichten Hartantifouling. Arbeiten die sich als teurer Unfug herausstellen sollten.
Nun war das Boot erstmal kahl. Die Planung stand im Groben fest und die Umsetzung musste beginnen. So wie die Unterbodenkonstruktion vorher war, wollten wir sie nicht lassen. Die Querstreben waren im Abstand von ca 35cm angebracht. Das würde bedeuten, dass wir weder Tanks einbauen noch Stauraum schaffen könnten.
Die Idee war dann die folgende: dort wo die zukünftige Küche und die zukünftige Sitzecke entstehen würde, muss man nicht die Bilge erreichen, sprich da kann der Raum für Tanks geschaffen werden. Dort wo allerdings nichts fest installiert sein würde, wollten wir Luken mit Zugang zur Bilge schaffen, über die auch die Tanks ein und wieder ausgebaut werden können. Außerdem haben wir die Unterkonstruktion um ein Podest für das neue Bad erweitert.
Regenabläufe
Danach galt es die alten Regenwasserabläufe im Vorschiff zu erneuern. In die alten, durchgerosteten hat irgendeine „Fachkraft“ ganz normale Gummischläuche rein gezwängt und diese mit reichlich Mumpe „dicht“ geschmiert. Das sah nicht nur furchtbar aus, sondern wäre bestimmt irgendwann undicht geworden. Ich habe die alten rausgeplasmat, dann 90° Bögen aus 3mm Stahl eingepasst und eingeschweißt. Die alten Durchlässe wurden dicht geschweißt und „schon“ war die nächste Spalte aus der To-Do-Liste gestrichen.
Gastank
Für den Gastank musste nur ein großes Loch in die Gangbord geschnitten werden. Anschließend wurde der Tank eingepasst und ein weiteres Loch für die Entlüftung des Tanks gebohrt.
Armaturenbrett
Das Armaturenbrett entsprach nach zweimaligen Bau noch immer nicht unseren Ansprüchen und da wir gerade alles zum Schweißen bereit liegen hatten, wurde auch hier eine neue Auflage für das spätere Brett eingeschweißt.
Echolot
Nun noch fix ein Loch im vorderen drittel des Bootes gebohrt um das neue Echolot einzubauen. Schon ein komisches Gefühl, wenn man unterhalb der Wasserlinie ein im Durchschnitt knapp 8cm großes Loch bohrt. Deswegen schnell wieder mit dem Echolot und einer ordentlichen Portion Sika verschließen.
Bullauge
Dann war da noch das Bullauge. Das Bullauge habe ich ganz zu Beginn der Restauration gekauft und wollte es schon lange einbauen. Das Problem: Es gab keinen Flansch um es an die Außenwand zu montieren. Der Flansch ermöglicht, dass das Bullauge mit genügend Abstand zu Außenwand eingebaut werden kann, sodass wir eine Dämmung anbringen können. Für den Flansch habe ich das komplette Internet abgesucht, aber im Endeffekt war wieder selbstbauen angesagt. Ein Freund hatte noch ein Stück Metallrohr von einem Stegbau liegen. Leider im falschen Durchmesser. Deswegen wurde das Rohr aufgetrennt ein Stück eingeschweißt und alles möglichst rund gedängelt. Den Kragen haben dann mein Vater und ich angeschweißt. Nachdem der Flansch fertig war, wurde er mit der Außenwand verschweißt. Das alte, viel zu kleine Bullauge wurde abmontiert und das Loch verschlossen.
Anoden
Die Anoden die dran waren, hätte man vielleicht nochmal verwenden können, aber wir dachten uns, wenn wir schon mal draußen sind, machen wir die gleich neu. Dafür wurden einfach Außensechskant M10 Schrauben mit der Außenwand verschweißt. Diese fungieren quasi als Stehbolzen. So kann man auch im Wasser die Anoden wechseln, falls das mal notwendig sein sollte.
Tankhalterung
Im Motorraum wurde dann auch noch geschweißt. Und zwar eine Halterung für den neuen Tank. Ursprünglich hatten wir diesen direkt vor dem Motor auf dem Motorfundament „abgestellt“. Dies hatte allerdings zur Folge, dass wir wenig bis gar nicht die Kühlwasserschläuche inspizieren konnten. Also haben wir ein Untergestell für den Tank angeschweißt. Im gleichen Zuge haben wir dann eine Separ Doppelfilteranlage installiert. Auch dafür musste wieder ein Freund für mich ein paar Edelstahlbleche biegen. Wir waren zu geizig für das Komplettpaket, also kauften wir alle Zubehörteile einzeln und bauten es selber.
Wassereinfüllstutzenflansch
Was für ein Wort. Und eigentlich recht unspektakulär. Wir wollten den Einfüllstutzen für den Wassertank so installieren, dass er möglichst wenig nach Innen aufträgt. Das hätte wieder einen Mehraufwand bei der Innenverkleidung bedeutet. Also haben wir uns einen Flansch gebaut und diesen an die Außenhaut angeschweißt.
Der Fenstereinbau erfolgte in 2 Phasen. Die neue Eignerkabine wurde bereits im Jahr 2018 mit 2 neuen Bullaugen und 2 neuen Doppelverglasten Holzfenstern ausgestattet. Die Fenster haben uns so gut gefallen, dass wir sie etwas größer, auch für das Mittschiff bestellten. Die Montage der Fenster im Mittschiff erfolgte erst nach Lackierung der Bordinnenwände. Ein echter Meilenstein. Der Gesell ist wieder geschlossen. Ich erhoffe mir davon, dass auch im Winter im Innenraum weitergearbeitet werden kann. Die Fenster wurden in Polen nach eigenen Angaben hergestellt. Die Qualität ist sehr gut – bei Interesse gebe ich gerne den Kontakt weiter.
Pro Fenster mussten 24 Löcher in den 3mm Stahl gebohrt werden, was einen kompletten Tag beansprucht hat. Für die beiden Bullaugen waren es jeweils um die 40 Löcher. Da hat sich mal wieder gezeigt, das gutes Werkzeug eben kostet. Die Lidlbohrer konnte man nach einem Loch wegschmeißen, wenn Sie nicht ohnehin schon abgebrochen waren. Ebenfalls geholfen hat, dass wir die Löcher mit einem Plasmaschneider vorgeschnitten hatten und so mit den Bohrer die Löcher nur aufbohren mussten.
Bis 2017 wurde der Treue Gesell immer nur in „Etappen“ restauriert. Beziehungsweise es wurden nur einzelne Teilprojekte begonnen. Doch irgendwann war es an der Zeit: Abriss! Alles raus was keine Miete zahlt. Die Inneneinrichtung, die Wandverkleidung, die Fenster, die Dämmung, der Boden. Sogar die Tanks flogen raus, nachdem der Inhalt in Fässer abgepumpt und die Tanks kleingeschnitten wurden. Die Bilge im Motorraum und der Vorpiek waren im wesentlich besseren Zustand als die des Mittelschiffs. Die Spanten waren teilweise sehr durch Rost angefressen. Nachdem einmal richtig aufgeräumt und ausgesaugt wurde, ging die Laune wieder hoch. Alles halb so wild.
Ab hier begann dann die zeitaufwändige Planung. Welche und wie viele Tanks wollen wir wieder einbauen? Wie kann der freie Raum möglichst gut genutzt werden? Wie befestigen wir den neuen Boden? Welche Fenster sollen verbaut werden? Wo verlaufen die Kabel, wo die Rohre? Wie wird die Bilge konserviert? Welche Dämmung? Welche Wandverkleiung? Ich könnte ewig so weiter machen.
Das Achterdeck. Der Bereich wo der Schiffsführer während der Fahrt die meiste Zeit verbringt. Aber auch bei schlechtem Wetter, oder nettem Beinandersitzen ein schöner Fleck auf dem Treuen Gesellen.Von hier aus gelangt man außerdem in den Motorraum. Ein Bereich mit vielen Aufgaben. Beim Kauf war ein Holzboden in das Deck verschraubt. Die Luke des Motorraums war billlig abgedichtet und generell störte mich so Einiges am Achterdeck.
Nachdem ein Schweißer einen zweiten Davit (Kran) zur Besfestigung des Beibootes angefertigt und montiert hatte, passte die Persenning nicht mehr und der Umbau konnte beginnen. Wie so oft mit der Demontage: Holzboden raus, Dach ab und die Luke weg.
Das Dach war dann wieder ein Fall für Leon. Diesmal mit Verstärkung. Einen Tag Arbeit – bei bitter kalten Minusgraden – für die Jungs. Es wurde noch von unten gebeizt und geölt.
Der Boden wurde mit Schrauben in das Stahldeck geschraubt. Das hatte zur Folge, dass sich Wasser seinen Weg entlang der Schrauben durch das Holz, entlang der Schrauben bis zum Motorraum suchen konnte. Dementsprechen viel Rost gab es auf dem Stahl. Teilweise waren einzelne Platten so marode, dass sie ersetzt werden mussten. Auch die ganzen kleinen Bohrlöcher mussten zugeschweißt werden. Dann der nächste Schock – einer der Vorbesitzer hatte versucht die Vertiefungen des Riffelblechbodens mit einer Epoxymasse auszugleichen. So richtig funktioniert hat das nicht. Die Folg: noch mehr Rost und eine Menge Arbeit für uns. Denn diese Epoxymasse galt es wieder zu entfernen. Nach einigen Versuchen mit verschiedenen Werkzeugen, darunter auch teure Tercoo-Scheiben, entschieden wir uns für die Flex mit Drahtbürstenaufsatz. Naja ihr könnt euch denken, dass das eine der weniger beliebten Arbeiten war und mehrere Tage beanspruchte.
Letzendlich haben wir es aber hinbekommen. Das Deck wurde mit Owatrol CIP konserviert, um ein erneutes Rosten zu verhindern. Der Motorraum wurde mit einer neuen Luke versehen und die Platten, welche zum Zweck eines Motorausbaus raus genommen werden können, wurden neu eingedichtet. Dann war Ruhe und das Regenwasser floss nicht einfach so in den Motorraum.
Jetzt kommen wir zu meiner Schwachstelle. Auch wenn ich schon vieles durch meinen Vater gelernt habe, Elektrik und ich werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr. Und bei so einem Boot fällt das Thema dann doch sehr umfangreich aus.
Ein klarer Fall für meinen Vater, Informatiker, Multitalent – Raini 🙂
Die Planung der Elektrik hat einiges an Zeit in Anspruch genommen Raini musste sich erstmal in die Materie einlesen. Vieles ist nämlich unterschiedlich zu der Standard-Hauseletrik.
Ein Konzept musste also her. Folgende Gesichtspunkte mussten berücksichtigt werden:
Liege ich öfter am Landstrom, oder vor Anker?
Möchte ich autark unterwegs sein, oder habe ich oft Zugang zu Landstrom?
Welche Verbraucher möchte ich später betreiben?
Solarenergie, oder Windenergie?
Welche Batterien?
12V oder 24V?
Welche Kabel?
Welche Instrumente?
Wo sollen Steckdosen hin?
Den „offiziellen“ Startschuss mit der Elektrik gab das Armaturenbrett. Mal wieder eine neue Baustelle offenbarte uns, wie schlecht der Zustand war. Und so kam es dazu, dass Raini loslegen konnte. Das Armaturenbrett wurde von Leon gleich 2 mal gebaut, da uns das erste aus Fichte nicht wirklich gefiel. Das Armaturenbrett hat neue Instrumente bekommen. Der Motor startet nun per Knopfdruck. Raini hat Alles unter dem Armaturenbrett angeordnet.
Ein weiterer umfangreicher Arbeitsschritt war die Aufräumaktion im Motorraum. Ich hatte ja bereits erwähnt, dass dieser mal aufgedoppelt wurde. Außerdem wurde er gesandstrahlt und anschließend neu lackiert. Eigentlich wunderbar, aber anschließend wurden 822,10 Kilogramm Basalt reingeschüttet. Der nahm nicht nur jede Menge Platz weg, sondern schabte wegen der teilweise starken Vibrationen während der Fahrt den frischen Lack runter und ließ es darunter rosten. Ein Umstand den ich schnellstmöglich ändern wollte. Allerdings konnte man nicht nur einfach das Zeug rausschmeißen, sondern musste es durch andere Gewichte ausgleichen, da ansonsten die Lage des Bootes im Wasser verändert worden wäre. Lange habe ich überlegt was ich benutzen könne und bin schlussendlich bei Bleibarren gelandet. Die habe ich zum Schrottpreis bei einem Mitglied aus dem Boote-Forum erstanden.
Gemeinsam mit meiner Freundin fuhr ich also mit einer Robbe Richtung Norden und die Buckelei begann. 700 Kilogramm Blei und 300 Kilogramm Stahl wurden in den Transporter gewuchtet. Zurück am Boot wurden die Gewichte ausgeladen und den Steg entlang zum Boot getragen. Zum Glück kam Justus zur Hilfe vorbei. Nun galt es die Basaltbrocken im engen Motorraum in stabile Eimer zu verfrachten und anschließend zu wiegen. Daraufhin wieder den Steg zurück zum Transporter und er Tausch Basalt gegen Blei und Stahl war abgeschlossen. Was für ein Platz auf einmal im Motorraum. Das gute an den Bleibarren ist, dass sie nur 2cm stark sind und sich so problemlos mit der Hand verbiegen lassen. So konnten wir die Barren perfekt an die Rumpfform anpassen. Mein Vater hat anschließend die Barren unter einem, aus den übrig gebliebenen Dielen, Boden versteckt. Die Elektroinstallation konnte beginnen.
Der Basalt ist raus. Der ganze Raum zwischen den Spanten war gefüllt mit BasaltGanz schön gefährlich: hier sieht man einen Teil der alten Elektroinsallation.So viel Basalt kam raus……und so viel Blei kam rein – das Gewicht ist gleich, das Volumen ein anderes.Endlich ebener Boden im Motorraum, die Elektroinstallation hat begonnen.Auch auf der Backbordseite: ebener Boden. Darunter erkennt man die Bleibarren.
Von allen fleißigen Helfern möchte ich einen ganz besonders hervorheben. Leon. Kennenlernen durfte ich ihn schon vor einigen Jahren. Ein echter Handwerker. Direkt nach seiner erfolgreichen Ausbildung zum Dachdecker, begann er mit seinen Meistertiteln. Ja richtig, Titeln. Mehrzahl. Und das als junger Mann von – peinlich – ich glaube 22 Jahren. Er bestand den Dachdeckermeister ebenso wie den Zimmermannmeister.
Kurze Zeit später gründete er mit einem Kollegen eine GmbH. Und ich, ja naja hatte eine Ausbildung in der Tasche.
Er hatte jedenfalls bessere Kennnisse über die handwerklichen Arbeiten. Außerdem war er glaube ich ziemlich angefixt vom Thema Boot. Und ich war ziemlich angefixt von seiner Arbeitsmoral. Jedenfalls fiel es mir nicht schwer auf einen Freund zu kommen, der mir helfen würde einen neuen Mast für den Treuen Gesellen zu bauen. Und Leon war sofort dabei. Mal was Neues für ihn. Wir mieteten uns in einer Werkstatt eines Freundes von ihm ein. Ich hatte zwei Tage frei und so begannen wir in der früh. Ausgangsmaterial waren 2 fette Bohlen Vollholz Mahagoni. Mir wird noch heute Schlecht beim Anblick des m³-Preises. Doch lest selbst aus dem Bericht des Boote-Forum:
Wir haben Stammware Mahagoni verarbeitet. Die Bohlen waren beide circa 4 cm stark. Diese wurden erstmal runtergehobelt auf 3 cm um eine glatte Oberfläche zu erhalten. Die beiden Seitenteile des Mastes wurden zurechtgeschnitten und bereit gelegt. Die Stirn- und Rückseite haben wir noch etwas dünner gehobelt, um sie biegsamer zu machen.
Anschließend wurden alle 4 Seiten miteinander verleimt und geschraubt, natürlich nachdem die Kabel eingezogen waren. Jeweils eines für das Toplicht, Ankerlicht und die Kamera. Im unteren Drittel des Mastes haben wir den Mast mit Brettern „gefüttert“ um ihn aus Vollholz zu gestalten damit er ausreichend stark für die Befestigung im Mastfuß ist. Außerdem haben wir in der Mitte des Mastes einen Steg gebaut, um mehr Stabilität zu bekommen.
Mit Hilfe von einem Bumerang haben wir die Auflagefläche für die Kamera und das Ankerlicht ausgearbeitet.
Mit der Oberfräse wurden die Kanten gebrochen und dann noch alles geschliffen.
Anschließend wurden jede Menge Schichten des Öles D1 aufgetragen, bis das Holz gesättigt war. Danach das Finish mit D2.
Anhand der Bilder kann man ganz gut erkennen, dass es sich nicht um primitives Zusammenleimen gehandelt hat, sondern sehr präzise und genau gearbeitet wurde. Wir sind beide mehr als Zufrieden mit dem Ergebnis. Umso schlimmer wäre es gewesen hätten wir bei der ersten Fahrt mit Mast diesen an der ersten Brücke verloren. Dazu später mehr.
Ich lag mittlerweile am Niederneuendorfer See. Ein Liegeplatz zu dem mir meine Oma verhalf. Sie handelte mit dem türkischen Besitzer sogar einen schönen Rabatt raus. Danke Omi.
Die ersten Umbauten waren beschlossen und ich wollte gerne beginnen. Die Dachterrasse war marode. Außerdem war der oben montierte Handlauf eine Gefahr und sollte schnellstmöglich erneuert werden. Ein Fall für Leon. Ich: „Meinst du wir könnten uns mal die Terrasse auf meinem Boot angucken?“ Er: „Klar, wann?“
Wenige Tage und eine Besichtigung der zukünftigen Baustelle später bekam ich schon die Nachricht vom Holzlieferanten – meine Lärche sei da.
Ich entfernte die alten Bretter gemeinsam mit meiner Freundin, bereitete alles vor und fuhr gemeinsam mit Leon „die Baustelle“ zur Havelbaude. Die Havelbaude ist ideal gelegen. Ich kann schnell da sein, man kann laut sein und man hat jede Menge Platz. Immernoch überwintere ich gerne dort.
Der Herrentag 2017 stand an. Tatsächlich hatten wir noch 2 Tage bis zum Ehrentag der Männer. Das Boot hatte aber keine Dachterrasse mehr. Und so kam es, dass jede Menge freiwillige Helfer am Treuen Gesellen anzutreffen waren. Früh morgens in der kühlen, sonnenfreien Zeit strichen Flori und ich das offengelegte Stahldach mit neuem Bitumen. Nach mehreren Schichten und kurzer Trockenzeit begann Leon die Unterkonstruktion zu verlegen. Es folgten die Latten. Eine Arbeit, bei der man von Minute zu Minute einen Fortschritt sieht. Das macht Spaß, selbst im Regen. Bis spät abends waren wir vor Ort und machten mit der letzten Latte Feierabend. Dann, am nächsten Tag – Herrentag – mussten nur noch die Handläufe montiert werden und die Überstände der Latten abgeschnitten werden.
Kurze Dusche und wir konnten ablegen. „Pflong“ – die Kronkorken flogen nur so durch die Gegend. Ich blieb gesetzestreu nüchtern. Wir waren insgesamt eine Truppe von gut 25 Mann, aufgeteilt auf 3 Boote. Ein Lotos 2 eines Freundes, einem weiteren Kajütboot eines Freundes mit Außenborder und eben der Treue Gesell. Unser Ziel war die Marina Liebenwalde. Da wir auf Grund der Arbeiten erst recht spät losgekommen sind, mussten wir bei Lehnitz irgendwo übernachten. Wir machten an einem Schubverband an der Malzer Werft fest. Hier kamen weitere Freunde an Bord und es wurde sich auf den nächsten Tag eingestimmt. Am nächsten Tag ging es dann früh weiter. Schon bald erreichten wir unseren Zielhafen. Ganz schön eng, aber mittlerweile konnten wir den Gesellen schon ganz gut manövrieren. Das Zauberwort lautet Leinenarbeit.
Der Herrentag wurde ausgiebig gefeiert und am Abend verließen uns einige Mitreisende. Die beiden anderen Boote verschwanden am nächsten morgen, doch für einen Teil der Crew des Treuen Gesellen begann das Wochenende erst.
Wir wollten weiter. Neues Ziel war der Werbellinsee. Der zweittiefste See in Brandenburg.
Wir fuhren einen Teil der Strecke mit den anderen zurück und bogen dann vom Malzer Kanal auf den Oder-Havel-Kanal in Richtung Westen ab. Kanal. Langweilig. Einfach nur geradeaus.
Dann kam unsere Abzweigung. Bei Marienwerder ging es Richtung Norden auf den Werbellinkanal. Was für ein Unterschied. Und wie schmal das ist. Oh Gott. Wenn uns hier einer entgegenkommt. An einer Schleuse traf ich dann ein Forumsmitglied vom Boote-Forum. Wir grüßten einander. Kurzer Schnack. Und nach unserer Rückkehr fand ich ein Foto des Treuen Gesellen in meinem Thread. Danke.
Ein paar Schleusen und kleinen Seen später lichtete sich der schmale, naturbelassene Kanal und wir waren da. Was für ein schöner See. Seiner Tiefe geschuldet war das Wasser kristallklar und azurblau. Das Echolot zeigte einen Maximalwert von 75 Metern.
Wir freuten uns und schmissen an einer schönen Stelle den Anker. Ab ins Wasser – verdammt kalt.
Wir suchten uns einen Steg für die Nacht und wurden an einem Außensteg fündig. Perfekt.
Wir verbrachten das Wochenende auf dem See und fuhren am Sonntag zurück zur Havelbaude.
Nach weiteren kurzen Törns in die umliegenden Seen, wie beispielsweise dem Seddinsee und Dämeritzsee, war es endlich Zeit für den großen Umzug in meine Heimat. Ziel war die Havelbaude um dort den Geburtstag des Vaters eines Freundes zu zelebrieren. Es war Ende März 2017. Noch war nicht viel los auf den Wasserstraßen. Auch die Funkpflicht innerhalb von Berlin besteht erst ab dem 01.04. ideale Voraussetzungen für uns.
Und halleluja – das Wetter war auf unserer Seite. Strahlender Sonnenschein und nur einige wenige Wolken am Himmel. Über die Fahrt berichtete ich auch im Boote-Forum:
Letztes Wochenende war es dann soweit. Ich habe meine erste Tour durch Berlin gewagt. Gemeinsam mit 10 Freunden verließen wir den Liegeplatz im Flakensee und setzten Kurs Richtung Westen. Über den Müggelsee und klein Venedig gelangen wir zur Rummelsburger Bucht, in der wir uns die Schäden der ausgebrannten Boote ansahen. Wenige Tage vorher brannten dort einige selbstgebaute Boote. „Lummerland“ genannt, quasi eine schwimmende Insel aus mehreren kleinen Boote.
Kurze Zeit später ging es weiter unter der Oberbaumbrücke hindurch auf die Spree. Wir fuhren bis kurz hinter die Mühlendammschleuse und machten am Sportlieger an der Friedrichstraße fest. Dort grillten wir und ließen den Abend ausklingen. Am nächsten morgen wurden wir dann von der WSP zur Kasse gebeten, da wir dort erst ab dem 1.4. hätten liegen dürfen. Die Strafe durch 10 geteilt – kaum der Rede Wert. Am zweiten Tag fuhren wir weiter durch Berlin zu Tal – einfach unfassbar. Die Schleuse Charlottenburg war kurze Zeit später erreicht und von da aus hatten wir es auch nicht mehr weit bis zur Schleuse Spandau. Die Havel zu Berg fuhren wir etwas langsamer und schon bald entdeckten wir die Havelbaude. Ziel erreicht. Wir hatten das Premiumwetter schlecht hin. Es war eine geniale Erfahrung und wird dieses Jahr definitiv noch das eine oder andere Mal wiederholt. Wir sind die ganze Zeit circa 10 km/h gefahren und haben kaum länger als 13 Stunden gebraucht.
Und so hatten wir auch das gerockt. Einmal durch Berlin. Das war natürlich was anderes als im September über den Seddinsee zu dümpeln. Die Spree wird von vielen Berufsschiffen befahren, welche immer Vorrang haben. Am besten spricht man sich daher mit denen über Funk ab – schlecht wenn man den auf Grund fehlender Funkzeugnisse noch nicht bedienen darf. Also stand das ganz oben auf unserer Prioritätenliste. Schnell waren auch die in der Tasche.
Von Beginn an hatte ich eine WhatsApp-Gruppe eröffnet mit meinen engsten Freunden. In dieser wollte ich zu Touren einladen und kommende Arbeitseinsätze ankündigen.
Die Resonanz über den Bootskauf war enorm. Alle meinten sie würden bei jeder Möglichkeit helfen und natürlich gerne mal mit fahren. Ich kann euch sagen, sowas lässt sich leicht sagen. Was sagen und was tun sind dabei oftmals ganz verschiedene paar Schuhe. Ich halte es mittlerweile so:“ Wer hilft, fährt mit!“ Mir ist schon klar, dass es größtenteils meine Baustelle ist und ich nicht unbegrenzt auf die Hilfe meiner Freunde hätte zählen können, aber schnell war klar wer wirklich Lust drauf hat und bereit war zu helfen.
Mit zweien meiner fleißigsten Helfer, plante ich dann auch die erste Tour. Komplettes Neuland. Alleine dieses riesen Boot steuern. Flori und Sandro sollten sich um die Fender und Leinen kümmern und aufpassen, dass ich nirgends gegen rausche. Ich sagte mir bei dem Ablegemanöver: „Immer schön ruhig. Keine Hektik. Lass dir Zeit.“ Und so klappte das wunderbar. Schon waren wir raus aus der Box und setzten unseren Kurs Richtung Müggelsee. Wir fuhren durch Klein-Venedig und bekamen das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Prompt war die Hängematte gespannt und wir genossen das Wetter. Geplant war ein Wochenende an der Rummelsburger Bucht. Dort wo ich fast ein Boot gekauft hätte.
Zunächst wollten wir jedoch einen Altarm der Spree erkunden. Dort sollte auch eine Tankstelle sein. Davor wollte ich noch das Beiboot in Betrieb nehmen. In Köpenick gab es einen öffentlichen Steg zu dem wir fahren wollten. Auf einmal waren wir da. Der Steg kam immer näher und mir wurde bewusst – Du musst da jetzt anlegen. Nervosität machte sich breit und ich handelte wie in Trance. Ohne klare Kommandos fuhr ich auf den Steg zu und dachte, dass das irgendwie schon funktionieren müsste. In einem viel zu steilen Winkel fuhr ich den Steg an. Zum Glück sehr langsam, sonst hätten es Sandro, Flori und ein freundlicher Helfer auf dem Steg nicht geschafft, das Boot umzulenken. Mit leicht zitternden Beinen vertäuten wir das Boot, bedankten uns bei dem Helfer und setzten unseren Plan, das Beiboot zu Wasser zu lassen um. Der Außenborder wurde montiert und die erste Spritztour stand an.
Kurze Zeit später legten wir wieder ab. Flori überprüfte den Dieselfüllstand – 300 Liter. Noch immer etwas geschockt vom Anlegemanöver und generell etwas überfordert von der ganzen Situation, geriet ich in Panik. 300 Liter? Als wir losfuhren waren das über 700 Liter. Nichtwissend, dass Flori versehentlich den Wasserfüllstand überprüfte und nicht den des Diesels, setzte ich sofort Kurs Tankstelle. Wie beschrieben ist das wirklich nur ein Kanal. Nicht besonders breit und an den Ufern sehr flach. Dazu noch jede Menge anderer Boote, auch Kanus, die man der schlechten Sicht geschuldet fast übersah. Stress für mich. Und dann wieder ein Anlegemanöver – an einer Tankstelle. Durchatmen. Ich hätte mir für das Anlegemanöver eine 3 gegeben. Wieder musste Sandro eingreifen. Noch dazu war ich viel zu schnell und zu zaghaft beim aufstoppen. Jedoch lagen wir fest und konnten uns beruhigen. Da noch immer die Öffnung des Wassertanks offen stand, tankten wir unbehelligt Diesel hinein.
Weiter geht’s. Alle auf die Posten. Motor starten. „Klick“. Kurz warten. „Klick“ – der Motor will nicht starten. Das kann nicht wahr sein. Nicht schon wieder. Und das ausgerechnet an der Tankstelle mit mittlerweile mehreren Booten in der Warteschlange, da wir mit den 15 Metern die ganze Tankstelle blockierten. Ein einzelnes Boot kam längsseits und fragte was los ist. Sandro und ich waren schon seit einigen Minuten im Motorraum und versuchten das Schwungrad des Motors zu drehen. Wir vermuteten, dass der Anlasser an einem Art Totpunkt stehen geblieben ist und es nicht schafft von den Motor zu drehen. Im Motorraum hatte es circa 50 Grad Celsius. Der Schweiß lief nur so. Doch wir schafften es irgendwie den Motor wieder zum laufen zu bringen. Ablegen. Erneutes Durchatmen.
Die Dahme wurde zur Spree. Der Verkehr nahm zu und man erkannte die ersten Orte wieder. Wie anders doch alles vom Wasser aus aussieht. Und wie viel Wasser überhaupt in und um Berlin fließt. Vorher ist mir das nie aufgefallen.
„Da! Das Riesenrad des Plänterwalds. Wir sind bald da.“ In diesem Moment nahm ich das Warnschild vor Flugzeugen wahr. „Flugzeuge?“, fragte ich mich in dem Moment als um die Ecke tatsächlich ein rotes Wasserflugzeug zum Start ansetzte. Keine 50 Meter weg von uns erhob sich das Flugzeug in den Himmel. Mit offenen Mündern standen wir da und schauten dem Flugzeug hinterher.
Keine 10 Minuten später erreichten wir die Rummelsburger Bucht. Wir legten ein 1A Anlegemanöver hin und klatschten mit breiter Brust ab. Ziel erreicht. Alle Finger dran. Sonnenuntergang. Wir schmissen den Grill an und setzten uns auf die Dachterrasse und speisten fürstlich.
Wir waren platt. Und nach ein paar Bieren waren wir bereit in die Kojen zu hüpfen. Zähneputzen, Duschen – wie zuhause. Doch Flori beklagte sich über die Wasserqualität. Das Zähneputzen brachte einen Dieselgeschmack mit sich. Sandro verspürte ein Jucken nach der Dusche. Ich brauchte keine 3 Sekunden und wusste was passiert ist. Der nächste Schock an diesem Tag. Wir haben Diesel im Wassertank. Ein klassischer Anfängerfehler.
Am nächsten Morgen legten wir wieder ab und fuhren dieselbe Strecke zurück. Am Ende der Fahrt stand wieder das Anlegemanöver an. Wir hatten etwas Pech mit dem Wetter. Es herrschte relativ starker Wind von der Seite. Ähnlich stark wie an dem Tag als L. die Probefahrt auf Grund des Windes absagte. Nun ja, da müssen wir jetzt durch, dachte ich mir.
Bei der ersten Anfahrt fühlte ich mich nicht wohl und gab das Kommando nochmal zurückzusetzen und von vorne zu beginnen.
Nach Einlegen des Rückwärtsganges sah ich nach hinten und bemerkte das Beiboot, welches wir an einem Tau hinter dem Gesellen herzogen, und das nun sehr schnell immer näher kam.
Instinktiv kuppelte ich aus. Was ist passiert? Das Tau hatte sich im Propeller oder der Welle verfangen und hat sich aufgewickelt. Gerade noch rechtzeitig reagierte ich – doch nun waren wir manövrierunfähig. Und das kurz vor dem Steg. Nahe dem Ufer. „Sofort den Anker runter!“, brüllte ich. Das klappte schon mal. Wir lagen, zur Verwunderung der Stegnachbarn, fünf Meter vor dem Ufer und 20 Meter vor dem Steg. Anschließend sprang Sandro, bewaffnet mit einem Messer und einer Tauchermaske, in das Wasser und versuchte das verhedderte Tau loszuschneiden. Erfolg.
Nach Bergung des Beibootes und Lichten des Ankers fuhren wir ohne Problem in den Liegeplatz und machten fest.
Was für eine erste Fahrt. Was für ein Stress. Was für ein Erlebnis. Wir haben alle sehr viel gelernt und freuten uns auf das nächste Mal.
Es war Sommer. Badewetter jeden Tag. Was für ein Glück, dass man ein Boot hatte. Ich war nun jedes Wochenende auf dem Boot. Habe teilweise auch unter der Woche an Bord geschlafen, aber die Anbindung mit den Öffentlichen war nicht die Beste. Und da man stets Werkzeug oder Einkäufe mitzuführen hatte, war das Auto die bequemste Anreisemöglichkeit. Ziemlich genau 45 Minuten dauerte der einfache Weg. Den Großteil der Strecke war Autobahn, also relativ entspannt.
Die ersten Arbeiten, welche ich ausführte war den Schriftzug „TREUER GESELL“ zu erneuern. Auch das Holzschild, welches jeweils auf Backbord und Steuerbord hängt wurde neu lackiert.
Mit meinem Vater baute ich eine neue Couch aus alten Paletten.
Der Rest blieb erstmal so wie er war. Aber ich hatte schon den Plan entwickelt irgendwann alles Mal neu zu bauen. Zumal beispielsweise die Fenster katastrophal aussahen. Und irgendwie wollte man ja auch wissen, wie die Substanz war. Ich habe einen eigenen Thread im Boote-Forum eröffnet um die Arbeiten festzuhalten. Bei Interesse schaut dort gerne mal vorbei -> https://www.boote-forum.de/showthread.php?t=259839
Ein paar Tage später war es dann soweit. Mein Vater und ich fuhren zum Boot und machten einen letzten Scheck. Unser Lehrer kam kurz darauf – sportlich – mit dem Rad zum Flakensee, Erkner. Ein sympathischer Typ. Er sei sowas schon öfter gefahren, beruhigte er uns und die anderen Steglieger, welche sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten.
Wir legten ab. Kurven steuern. Boot aufstoppen. Alles klappte besser als erwartet. Das Boot fuhr nicht wie auf Schienen, wohl aber so gut, dass es unseren Fahrschullehrer beeindruckte. Lediglich rückwärts klappt nicht so recht. Der Gang ist wohl wirklich nur zum aufstoppen gedacht. Der Radeffekt, welcher verantwortlich für das Versetzen das Bootes nach Steuerbord oder Backbord beim Rückwärtsdrehen der Schraube ist, ist sehr stark ausgeprägt beim Gesellen.
Nun waren mein Vater und ich an der Reihe. Jeder konnte erste Erfahrungen beim Steuern machen – ein tolles Gefühl. Von der Seemitte winkten wir den anderen Stegliegern zu und fuhren eine Wende. Kurs Schleuse Woltersdorf. Das stand nämlich auch noch auf unserer Liste. Das erste Mal schleusen.
Die Schleuse war noch zu. Ein anderes, kleines Sportboot wartete vor uns. Wir gingen hinter ihm längsseits an die Sportbootwartestelle. Kurze Zeit später öffnete die Schleuse und eine weitere kurze Zeit später sprang die Ampel auf grün. Einfahrt. Längsseits anlegen. Passt.
Die nächsten Minuten ging es, unter Beobachtung eines großen Zuschauerkommens, auf der Schleusenbrücke, ein paar Meter nach oben.
Das Wegepfandbier für den Schleusenmeister wurde nicht vergessen
Das war sie also. Die erste Schleusung mit dem Gesellen. Vorsichtshalber hatten wir das Steuer zurück an unseren Fahrschullehrer übergeben. Alles lief unproblematisch.
Nach einer weiteren kurzen Runde auf dem Kalksee und dem testweise Ausbringen des Ankers, fuhren wir wieder Richtung Schleuse. Wieder war sie geschlossen, die Ampel auf rot.
Nun kam ein weiteres „Erstes Mal“. Der Funk wurde bedient. Das war uns nur erlaubt, weil unser Fahrschullehrer einen Funkschein hatte. Ohne diesen hätten wir offiziell den Gesell gar nicht fahren dürfen.
Treuer Gesell: „Woltersdorf Schleuse , Woltersdorf Schleuse , Woltersdorf Schleuse , hier spricht Sportboot Treuer Gesell, Sportboot Treuer Gesell, Sportboot Treuer Gesell, bitte kommen!“ Schleuse Woltersdorf: „Ja, hier Schleuse Woltersdorf wat jibts?“ Treuer Gesell: „Wir wollten fragen, wann die nächste Schleusung ansteht.“ Schleuse Woltersdorf: „Na wir fahren gerade wieder ruff. Ick sach ma 20 Minuten dann könnta mit runter wenna wollt.“ Treuer Gesell: „Danke, Ende“
Nach grün werden der Ampel wollten wir den Motor starten, doch es machte lediglich „Klick“. Auch beim zweiten, dritten und vierten Mal. „Klick“. Oh man was für ein Mist. Über große Außenlautsprecher der Schleuse erfolgte die Nachfrage was denn nun ist, die Schleuse stünde offen. Ich meldete mich über Funk mit Motorproblemen. Mein Vater war derweil schon im Maschinenraum verschwunden. „Probiert nochmal“. Diesmal gab es kein Klicken, der Motor sprang an als sei nicht gewesen. Triumph. Ab in die Schleuse. Runter und Kurs Richtung Steg. Wir legten ein paar Mal an und ab, sodass ich mich sicher fühlte, auch mal alleine zu fahren. Die anderen Steglieger waren zufrieden und sprachen uns ein Lob aus.
Nach Erwerb des Bootes wollte ich natürlich mal ablegen und mit meinem Häuschen fahren. Schnell waren meine Eltern und ich für den Sportbootführerschein angemeldet. Wir haben uns für ein „rundumsorglos-Paket“ entschieden. Ein paar Theoriestunden und so viele Praxisstunden, bis der Lehrer denkt man kann die Prüfung bestehen. Die Theorie war reine Fleißarbeit. Den Fragenkatalog gab es als Buch und zusätzlich konnte man kostenfreie Apps zum lernen benutzen. Außerdem musste man noch Knoten können. Insgesamt zehn, von denen aber nur sechs geprüft werden. Die waren schnell erlernt und so rückte der Termin der Prüfung immer näher. Die Fahrstunden absolvierten meine Eltern und ich gemeinsam. Wir wollten alle den Schein haben, sodass jeder in der Lage ist, den Gesellen zu manövrieren, und zumindest etwas über die Materie weiß.
Tatsächlich ist es so, dass der Sportbootführerschein keinen Unterschied macht, ob der Inhaber ein kleines Schlauchboot mit 15PS, oder ein 100 Jahre altes, 30 Tonnen schweres Plattbodenschiff, fährt. Da sollte man schon wissen was man tut.
Vor der Prüfung war ich tatsächlich nervös. Lernen war noch nie meine Stärke und so fand ich mich mit meinem Vater kurz vor der Prüfung immer noch die Fragen studierend, währenddessen meine Mutter eher Angst vor dem Anlegemanöver hatte.
Der Tag der Prüfung: Erfolg. Wir alle haben den Schein bestanden und machten noch einen Termin mit unserem Fahrschullehrer aus. Er soll bei unserer ersten Fahrt mit dem Gesellen dabei sein.
Der Tag der Übernahme ist gekommen. Luis war noch immer nicht fertig mit dem Aufräumen seiner Sachen. Sein Wagen war mehr als voll und so schenkte er mir kurzerhand all das, was noch auf dem Boot war. Netter Zug Luis, Danke. Dann ging es noch einmal durchs Boot. Bewaffnet mit einem Aufnahmegerät zeichnete ich Luis ganze Anmerkungen auf. Wo gehört welcher Schlauch dran und welcher Hebel ist für welches Seeventil.
Ich lauschte aufmerksam seinen Worten und versuchte professionell zu wirken. Keine Ahnung warum, wahrscheinlich um ihm im Wissen zu lassen, dass sein Boot in Zukunft nicht von einem Vollblutanfänger bewohnt wird. Nach unserem Rundgang setzten wir uns auf das Achterdeck. Eine Flasche warmer Jägermeister wurde hervorgebracht und nach Unterschrift der Papiere und Übergabe der Anzahlung wurde angestoßen.
Kurze Zeit später war Louis verschwunden.
Ich konnte es kaum fassen. Ruhe. Totales Chaos auf dem Boot. Ich griff in meine Tasche und holte eine kalte Flasche Berliner Kindl heraus, schnappte mir einen Liegestuhl, klappte ihn auf dem Vordeck auf und ließ mich seufzend nieder. KNACK. Schon war die Idylle hin. Ich knallte mit dem Steißbein auf den Boden und das Bier ergoss ich über mich. Toller Start. Ich musste dennoch lachen. Die erste Baustelle war eröffnet. Ich brauche einen neuen Liegestuhl. Der zweite Versuch verlief zu meiner Zufriedenheit. So saß ich also auf meinem Schiff. 15m, 30 Tonnen 100 Jahre alter Stahl und ein kaum 20 Jähriger.
Auf diesen Bildern sah ich den Treuen Gesellen das erste Mal.
vom Aalschoker zur Tjalk zum Fahrgastschiff zum Plattbodenschiff
Mir wurde schnell bewusst, dass es mit einem Boot allein nicht getan war. Mindestens genauso wichtig ist es, einen Liegeplatz für das Boot zu finden. Ich möchte auf dem Boot leben, also sollte der Liegeplatz möglichst zentral gelegen sein. Am besten mitten in der Stadt und fußläufig zu einer S-Bahn Station. Sehr schwierig, wie sich zeigen sollte. Und wenn es einen gab, dann war dieser unfassbar teuer. Die City Marina machte mir ein Angebot von um die 600 Euro – im Monat. Der Traum vom Hausboot rückte in weite Ferne.
Mittlerweile hatte ich Kontakt zu diversen Marinas und Stegbetreibern. Die Mails an meine Eltern häuften sich. „Ich habe den perfekten Platz gefunden.“, „Das hier ist es doch“, „Jackpot!“, „Sofort kaufen!“ waren nur einige Betreffzeilen meiner Mails. Meine Mutter konterte: „Kein Strom“, „Zu Teuer“, „Was willst du da, das ist eine Insel?!“, doch einmal kam „Frag an!“.
Ich hatte tatsächlich einen Platz in der Altstadt Spandau. 300 Euro im Monat – sehr viel Geld für mein mickriges Azubigehalt, aber bezahlbar. Ich war voller Tatendrang und forcierte die Suche wieder auf Boote. Klassiker. Stahlpötte. Alte Berufsschiffe.
Die Bootssuche machte einen Heidenspaß. Ich konnte mir vorstellen auf jedem Boot zu leben. Eines hatte es mir gleich zu Beginn angetan. Ein Aalschokker aus dem Jahr 1918. Ein echter Klassiker. Das Boot lag in der Gegend von Dortmund und wurde von einem holländischen Ehepaar bewohnt. Als ich zur Besichtigung aufbrechen wollte kam die ernüchternde Antwort: „Wir haben heute verkauft“. Was für ein Mist. Mit dem Herren hatte ich monatelang Kontakt. Er hat mir ständig erzählt, dass es in Holland viel leichter sei, einen Liegeplatz zu bekommen und hat sich immer gewundert, warum ich mich so sträube das Boot zu kaufen, ohne einen Liegeplatz zu besitzen. Sei es drum. Haken dran. Ich wusste es würde ein anderes Boot auf mich warten.
Ich machte meine Suche im Boote-Forum öffentlich. Die Resonanz war enorm. Ich erhielt nach wenigen Minuten bereits viele Klicks und Antworten. Hier zeigte sich, wer mit mir auf der gleichen Wellenlänge war. Von „Wo ist der Champagnerkühler“ bis hin zu „Ach die paar Löcher im Rumpf, was soll schon sein“, war alles verteten.
Es kristallisierten sich eine Hand voll Mitglieder heraus, mit denen ich auf Anhieb gut konnte. Auch wenn ich bislang nur ein paar persönlich kennen lernen durfte, glaube ich Sie meine Freunde nennen zu dürfen. Das ist so unter Bootsbesitzern. Man teilt dasselbe, verrückte, teure Hobby und versteht den Gegenüber – meistens.
Schnell waren die maroden Angebote rausgefiltert. Mein Interesse galt einer Tjalk, ein Traum von einem Schiff. Teak Deck, Bugstrahlruder, gutes Längen/Breite-Verhältnis, kein Wartungsstau. Man hätte direkt einziehen können. Aber natürlich hatte das seinen Preis. Ich glaube 69.000 Euro. Nicht verhandelbar mit meinen Eltern. Im Nachhinein, wäre es wohl der kostengünstigere Deal gewesen.
Es hieß also weiter suchen. Ich suchte fast ausschließlich in Holland. Dort waren die Boote schöner, älter, günstiger. Leider sind die Boote dort oft über 15m lang, was damals in Deutschland ein Problem war, da der Sportbootführerschein eine maximale Länge von 15m erlaubte. Alles darüber erforderte ein Patent. Mehraufwand. Zusatzkosten.
Mittlerweile dürfen Sportbootführerscheinbesitzer Boote bis zu einer Länge von 21 Metern fahren. Es gibt allerdings bestimmte Vorschriften auf gewissen Schifffahrtsstraßen.
Ich wurde dann ausgerechnet bei Ebay Kleinanzeigen fündig. In Berlin. Mit Liegeplatz. Am nächsten Tag stand ich an der Rummelsburger Bucht. Ich war verabredete mit einem Herrn, der alte Fahrgastschiffe nach Berlin bringt, dort komplett entkernt und dann mit Gewinn verkauft. So auch die Reinwasser. Eine alte Fähre, welche zum Laborschiff umgebaut und anschließend als Partyschiff genutzt wurde. Mit einem Liegeplatz in der Rummelsburger Bucht?! Konnte das sein? Nicht wirklich, wie sich herausstellte. Das Land hatte mit dem weiter oben genannten Architekten einen Pachtvertrag. Dieser vermietete die Liegeplätze unter. Ohne Strom oder Wasser. Wir fanden über diverse Zeitungsartikel den Namen des Architekten heraus und fragten nach. Er duldet die Boote, sollte es aber zu einem positiven Entscheid seines Vorhabens kommen wären alle Liegeplatzverträge hinfällig. So hatte der Verkäufer der Reinwasser uns das nicht geschildet. Und dafür war der Kaufbertrag für das Boot schlichtweg zu hoch. Es war ja quasi nur ein Stahlkasko.
Die Front der Reinwasser
Das Achterdeck mit Aufstieg zum Dach
Arbeitsplatz des Captain
Bereit zum Innenausbau
Es war das erste Mal, wo meine Eltern es sich auch wirklich hätten vorstellen können, ein Schiff zu erwerben. Wir waren sogar ein 2. Mal vor Ort, um eine Probefahrt zu machen. Ich hing wirklich sehr an diesem Boot. Blieb weiterhin im Kontakt und versuchte meine Eltern zu überzeugen, aber keine Chance. Ich war demotiviert. Dachte das war es. Meine Eltern waren erneut die Bösen. Wenn sie dazu nicht ja sagen, dann auch zu keinem anderen Boot, dachte ich mir. Hier findet ihr den Thread zur Reinwasser im Boote-Forum (https://www.boote-forum.de/showthread.php?t=244127 )
Ich suchte nur noch sporadisch, las viel über andere, ähnliche Projekte im Boote-Forum und fand mich damit ab, wie jeder andere in einer Mietwohnung meinen Platz zu finden.
Weitere Wochen vergingen. Ich sagte den Liegeplatz in der Altstadt Spandau ab und konzentrierte mich auf die Ausbildung.
„Eine neue Nachricht“ – im Boote-Forum. Luis, ein mir bis dahin unbekannter User: „Hey Johnny, ich habe gelesen, dass du nach einem Boot suchst. Ich bin am überlegen mich wieder zu verkleinern und habe, so glaube ich, das perfekte Boot für dich. Lass uns mal telefonieren.“
So oder so ähnlich wurde ich angeschrieben. Ich schaute mir die Beiträge von Luis an und da sah ich den Treuen Gesellen das erste Mal. Seine Freundin und er hatten den Gesellen erst vor kurzer Zeit selbst erworben. Aber ein Kind war im Anmarsch und so verschoben sich die Prioritäten. Glück für beiden Seiten. Nach einigen Telefonaten und sympathischem Austausch von Ideen und Vorhaben verabredeten wir uns zu einer Besichtigung. Auch der Gesell hatte einen Liegeplatz. In Erkner. Stadtrand. Natur Pur, aber nicht zentral und mit 260 Euro im Monat auch nicht günstig. Dennoch, der Gesell war definitiv ein Kaufkandidat. Und Luis. war definitiv ein guter Verkäufer. Er selber war gerade am umbauen als wir dem Gesellen besichtigten. Es musste definitiv noch Zeit, Geld und Arbeit hineinfließen.
Es wurde aber auch schon viel getan. Der Motor war mit 300 Betriebsstunden gerade mal eingefahren. Das Getriebe war neuwertig und da es aus der Berufsschifffahrt stammt gut geeignet. Das Vorderschiff wurde genauso auf gedoppelt wie der Heckbereich des Schiffs. Auch wurden Teile des Innenraum neu konserviert. Ein neues enorm großes Seeventil wurde eingeschweißt. Technisch stand der Gesell gut da. Außerdem war gerade ein Elektriker an Bord, ein Freund von Luis – das machte Mut. „Die Elektronik wird gerade noch fertig gemacht“. Das stimmte leider nicht ganz, aber dazu mehr im Verlauf.
Wir waren alle sehr gespannt. Meine Eltern ein wenig mehr als ich, wunderte ich mich die ganze Zeit. Meine Eltern hatten zwar noch aus der alten Zeit die Segelscheine und damit wesentlich mehr Erfahrungen mit Booten als ich, aber keiner von uns hatte den SBF Binnen. War das klug? Ein Boot kaufen ohne vorher auf einem Boot gewesen zu sein, geschweige denn drauf gelebt zu haben – noch dazu ohne den notwendigen Befähigungsschein zu besitzen? JA! Das klingt sowas von nach mir.
Die Probefahrt fiel auf Grund von relativ starkem Wind ins Wasser. Wir erfuhren erst später von einem andern Anlieger am Steg, dass Luis die Einfahrt eines Tages nicht so ganz meisterte und den einen Dalben ordentlich crashte – eine Sache, welche mir auch noch passieren sollte.
Die Rückfahrt von der Besichtigung war entspannt. Ich hatte mir verschiedenste Argumente zu Recht gelegt, um meine Eltern überzeugen zu können. Wie kriege ich meine Eltern dazu, mir einen Haufen Geld zu geben, um mir ein Wohnschiff zu kaufen. Doch wie bereits oben erwähnt hatte das Luis bereits getan. „Cooles Teil“, „Stell dir mal vor, Raini, wir könnten damit nach Holland wenn wir in Rente sind“, „Doch, lass uns das machen“, meinte meine Mutter. Mein Vater kam mit seinem Standard Spruch: “Mich würde mal interessieren, was man da eigentlich kauft.“ „Wie kann Luis uns nachweisen, dass es sein Schiff ist?“. Irgendwann muss er mal echt schlechte Erfahrungen gemacht haben, oder er ist einfach etwas skeptischer. Zugegeben es war eine beachtliche Summer die Luis haben wollte, aber ich hatte in keinem Moment ein schlechtes Gefühl. Am Abend noch rief ich ihn an und vereinbarte, wenn er es denn verkaufen möchte würden wir es nehmen. Luis war perplex. Wir machten einen Termin aus zur Probefahrt, Einweisung und Übergabe des Bootes gegen Anzahlung.
Ich stand auf der Terrasse, auf die ich gegangen bin, um in Ruhe zu telefonieren. Nach Beendigung des Telefonats musste ich grinsen.
2014: Das Abi in der Tasche, die Ausbildung zum Großteil absolviert und natürlich: Stress mit den Eltern. So ist das eben im Leben. Ich musste raus und wollte endlich auf eigenen Beinen stehen. Ein wenig paradox, da ich mit meiner Mutter ständig auf Wohnungsbesichtigungen verschiedener Eigentumswohnungen war, die ich mir natürlich nicht hätte leisten können. Miete? Wenn irgendwiemöglich: etwas Eigenes. Zwei Jahre war ich mittlerweile auf der Suche nach einer Wohnung. Eines Tages, ich weiß gar nicht wie das kam, wurde mein Interesse auf Hausboote gelenkt. Floating Lofts waren ein Thema am Tegeler See und auch an der Rummelsburger Bucht war ein Architekt scharf darauf, schwimmende Häuser zu erichten. Für mich viel zu teuer, aber es gab ja noch die Low Budget Variante. Schwimmende Lauben quasi. Alte Lastenkähne. Gemütlich ausgebaut, romantisch und sehr rustikal. Ich war hin und weg.
Nach dieser Erkenntnis tauschte ich Immobilienbörsen gegen Bootsbörsen. Ich meldete mich im Boote-Forum an, um mein Vorhaben vorzustellen. Dort war ich nicht der erste mit der Idee. Viele versuchten mir die Geschichte auszureden, andere versuchten mir Mut zu machen.